Großaufnahme Kabelverbund im Meer
Blogbeitrag_Meereskabel

Gastbeitrag von Petra Koller-Lechleitner (Grätzl-Agentur18)

Glasfaserkabel am Meeresboden

In einer Ära, in der ein einzelner Mausklick Menschen auf verschiedenen Kontinenten verbindet, sind die Glasfaserkabel am Meeresboden zu einer unsichtbaren, aber unverzichtbaren Infrastruktur der globalen Kommunikation geworden. Diese Kabel ermöglichen die nahezu sofortige Übertragung von Daten zwischen allen Kontinenten und verbinden bereits seit 1850 Großbritannien und Frankreich über Telegrafenkabel.

Die Entwicklung der Unterseekabel

Über die letzten eineinhalb Jahrhunderte hat sich der Meeresboden zu einem komplexen Netzwerk aus Kabeln und Leitungen entwickelt. Heute verlaufen geschätzt 98 Prozent des interkontinentalen Datenverkehrs über mehr als 550 submarine Datenautobahnen, die zusammengenommen über eine Million Kilometer lang sind. Diese Infrastruktur bildet das Rückgrat der modernen Weltwirtschaft und ermöglicht Echtzeitkommunikation und -transaktionen, die früher undenkbar waren.

Schutzmaßnahmen für die heikle Infrastruktur

So bedeutend diese submarine Infrastruktur für die globale Wirtschaft ist, so anfällig ist sie auch. Schäden an Internetkabeln sind keine Seltenheit. Während Europa den Ausfall eines einzelnen Kabels kaum spüren würde, bergen Cluster von Kabeln Risiken. Die Sicherheit dieser Infrastruktur beruht auf dem Konzept der Redundanz, also dem Vorhandensein von überflüssigen Kapazitäten, die im Falle eines Ausfalls einspringen können. Diese Redundanz verhindert ernsthafte Unterbrechungen, indem sie den Datenverkehr umleitet, ähnlich wie bei einer Baustelle im Straßennetz einer Stadt.

Wenn ein wichtiges Kabel beschädigt wird, dauert es kurze Zeit, bis Systeme den Schaden erkennen. Die Systeme suchen dann nach alternativen Routen, was zu kurzfristigen Kapazitätsengpässen und Verzögerungen führen kann, insbesondere in Bereichen, in denen Echtzeitkommunikation entscheidend ist, wie beim Börsenhandel, in der Telefonie oder bei Cloud-Diensten.

Besonders neuralgische Punkte sind geografische Engstellen wie das Rote Meer, durch das fast alle direkten marinen Verbindungen in den Nahen Osten und nach Asien verlaufen. An den Landestellen, wo mehrere Kabel zusammenlaufen, besteht ebenfalls ein erhöhtes Risiko für Ausfälle.

Früher waren es große Telekommunikationsunternehmen, die diese Kabel betrieben. Heute sind es oft Technologiegiganten, die aus betriebswirtschaftlichem Interesse für Redundanzen sorgen und die Routen der Kabel öffentlich kartografieren. Diese Transparenz soll verhindern, dass Anker oder Fischernetze die Kabel beschädigen. Ein Anker, der ein Kabel kappt, kann erhebliche Störungen verursachen.

Um die globale Internetinfrastruktur vor Angriffen zu schützen, haben die USA das Proteus-Projekt ins Leben gerufen, das Schiffsbewegungen über und unter Wasser nahezu in Echtzeit überwacht. Denn eine koordinierte Sabotage mehrerer wichtiger Kabel könnte große wirtschaftliche Schäden verursachen. Der Vergleich zwischen Unterseekabeln und satellitenbasierter Kommunikation zeigt die Überlegenheit der Glasfaserkabel. So kann ein einziges transatlantisches Kabel, wie das Grace-Hopper-Kabel von Google, deutlich mehr Daten pro Sekunde übertragen als das gesamte Starlink-Satellitennetz von Elon Musks SpaceX.

Glasfaserkabel als wissenschaftliches Werkzeug

Neben ihrer Rolle in der Datenübertragung bieten Glasfaserkabel auch Potenzial für seismologische Forschungen. Die Kabel registrieren kleinste Erschütterungen, die von Booten, großen Fischen oder Erdrutschen verursacht werden. Telekommunikationsunternehmen nutzen Technologien ähnlich der von Noise-Cancelling-Kopfhörern, um diese Störungen zu eliminieren. Diese unerwünschten Signale liefern jedoch wertvolle Daten für die seismografische Forschung und können Hinweise auf nahegelegene seismische Ereignisse geben.

Ein weiteres Anwendungsfeld ist die Nutzung von Glasfaserkabeln als Tsunami-Frühwarnsysteme. Anders als Erdbeben, die plötzlich auftreten, benötigen Tsunamis nach einem unterseeischen Beben Zeit, um die Küsten zu erreichen. Da die Datenübertragung in Glasfaserkabeln mit Lichtgeschwindigkeit erfolgt, können diese Kabel frühzeitig Hinweise auf eine bevorstehende Tsunamiwelle liefern und wertvolle Zeit für Warnungen gewinnen.

Glasfaserkabel am Meeresboden sind das Rückgrat der modernen globalen Kommunikation. Trotz ihrer Verletzlichkeit sorgen durchdachte Redundanzen und fortschrittliche Überwachungstechnologien für eine hohe Zuverlässigkeit. Gleichzeitig bieten sie spannende Möglichkeiten für wissenschaftliche Forschungen und Katastrophenwarnungen. In einer vernetzten Welt bleibt die Bedeutung dieser unsichtbaren, aber lebenswichtigen Infrastruktur unermesslich.

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